Ein Beitrag über das Grauen Tiertransporte von Kai, der dazu für seine Bachelorarbeit recherchiert hat und sich seit vielen Jahren aktiv für Tierrechte einsetzt.
„Moin, Moin!“ grunzt das lachende Schwein mit der Sonnenbrille. Daneben eine Kuh, die entspannt auf der Sonnenliege ein Glas Milch schlürft.
Solche zynischen Aufdrucke findet man häufig auf den Rückseiten von Tiertransporten. Die Realität ein paar Meter weiter vorne, sieht jedoch ganz anders aus: traurige, verängstigte und hoffnungslose Individuen, die nie Liebe oder eine Wiese gespürt haben.
Alle anderen Probleme scheinen auf einmal so klein.
Die Thematik Tiertransporte sogenannter „Nutztiere“ sollte mich dann durch meine Bachelorarbeit beschäftigen, was sie auch noch lange Zeit nach meiner Bearbeitung tat. Ich hatte ein wenig Sorge, dass es mir durch die vielen aufgesuchten Mahnwachen mit The Save Movement schwer fallen würde, objektiv zu bleiben. Das fiel mir jedoch überraschend leicht. Ich dachte mir nur noch ab einem Zeitpunkt, wie ich es schaffen könnte, diese ganzen nicht zufriedenstellenden gesetzlichen Regelungen so zu erläutern, damit auch der*die letzte Leser*in selber erkennen würde, dass die nicht genug sind.

Zu Beginn fiel mir sofort auf, dass es ein sehr literaturarmes Gebiet ist. Zum Straßenverkehr in Deutschland gibt es fast zu jeden erdenklichen Themenfeld Unmengen an Literatur. Bei dem einzigen Themenfeld, in dem nichtmenschliche Lebewesen transportiert werden, jedoch vergleichsweise sehr wenig. Vielleicht liegt es daran, dass es zu Beginn ein sehr unübersichtliches Thema ist. Die Transporte werden oft unterschieden. Viele nationale als auch eine europäische Verordnung spielen eine Rolle. Des Weiteren gibt es, wie bei fast jedem deutschen Gesetz, Unmengen an Ausnahmen.
Nachdem ich mich mit den gesetzlichen Vorgaben beschäftigt hatte, stellte sich mir immer öfter die Frage, inwiefern das jetzt die Tiere schützen soll, wie es der Name der Tierschutztransportverordnung (TierSchTrV) oder der europäische Verordnung zum Schutz von Tieren bei Transporten (EU (VO) Nr. 1/2005) eigentlich erahnen lassen soll. Viele Tiere erkranken und sterben gerade durch und während des Transports. Vor allem die sogenannten Langstreckentransporte erhöhen die Mortalitätsrate. Millionen von Tieren werden bei den Langstreckentransporten außerhalb der EU transportiert, hauptsächlich in die Türkei und Nordafrika. Dort werden die Tiere von keinem Gesetz geschützt. Kontrollen sind daher nicht mehr möglich. Insgesamt fiel mir auf, dass viele Regelungen sehr schwammig sind.
Die Verordnungen geben vor, dass verletzte Tiere als transportunfähig gelten. Für leicht verletzte und leicht kranke Tiere gilt das jedoch nicht.
Des Weiteren sind in den Verordnungen keine exakten Flächenvorgaben pro Tier angegeben. Die Angaben beziehen sich stattdessen auf die Fläche pro Gewichtskategorie. Sogenannte „Geflügeltiere“ müssen in Transportbehältnissen transportiert werden, die man sich wie große, meist gelbliche, Plastikboxen vorstellen kann. Diese werden dann solange neben- und übereinander gestapelt, bis der Transporter voll ist. Die Boxen sind gesetzlich festgelegt sehr niedrig, so dass die Luft nicht zirkulieren kann. Weiterhin können die Tiere darin nur gebeugt hocken und nicht aufrecht stehen. Die ausgestoßenen Exkremente fließen von den oberen auf die unteren Tiere.
Es gibt in allen Bereichen viele Kritikpunkte, von denen ich einige in Kurzform erwähnen möchte. Während des Transports erfordern die Fahrbewegungen für die Tiere einen ständigen Kraftaufwand, um das Gleichgewicht zu halten. Mast- und Schlachttiere aus der Intensivtierhaltung verfügen nicht über eine ausreichende Muskelmasse, solche Anstrengungen überhaupt auszuhalten. Diese Tiere sind daher schnell erschöpft.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der erlaubte Einsatz von Stromstößen beim Be- und Entladen. Grundsätzlich soll der Einsatz von Stromstößen vermieden werden. Wenn ausgewachsene Tiere jedoch die Fortbewegung verweigern, dürfen Stromstößen für maximal eine Sekunde an der Muskelpartie des Hinterviertels verabreicht werden. Das lässt sich in der Praxis nicht oder schwer kontrollieren und erhöht nur noch unnötig den schon zu hohen Stress der Tiere.
Lange Wege, langes Leiden.
Der wohl bekannteste Kritikpunkt ist die erlaubte Transportzeit.
Stell dir am besten deine längste Autofahrt vor. Tausche den Sitzplatz mit einem festen metallartigen Stoff aus, darauf noch Exkremente. Der Grund und die Länge der Fahrt ist dir unbekannt. Neben dir befinden sich weitere Menschen, von denen du die meisten noch nie gesehen hast. Einige von denen greifen dich ständig an und verletzten dich. Es gibt keinen Sicherheitsgurt und du rutschst dauerhaft zwischen den Sitzen hin und her. Essen gibt es ebenfalls nicht. Die Fenster im Auto sind dauerhaft geöffnet, egal welche Witterung. Du kannst nicht sehen, was vor dir kommt und welche Fahrbewegung der Fahrer als nächstes durchführt. Neben dir übergeben sich die Menschen, ein paar liegen sogar im Sterben. Das musst du jetzt für eine unbegrenzte Zeit aushalten. Ich glaube jeder kann sich gut vorstellen, was das für eine Höllenfahrt ist.
Natürlich könne gesagt werden, dass noch kein Gesetz perfekt entstanden ist und daran über Jahre gearbeitet werden muss. Jedoch scheint die Umsetzung des jetzigen Gesetztes nicht einmal eine große Rolle zu spielen.
Gerade einmal 1 % der Tiertransporte in Deutschland werden überhaupt kontrolliert.
Die Transporte, die einer Kontrolle unterzogen werden, weisen in der Regel enorme Beanstandungen auf. Kommt es zu strengen Kontrollen, umfahren viele Transportunternehmen gezielt bestimmte Regionen. Die Strafe und die Dauer der Kontrolle schaden dem Unternehmen mehr, als die zusätzlichen Spritkosten.

Eine höchstzulässige Gesamttransportdauer ist gesetzlich nicht vorgesehen, so dass bei Einhaltung der Ruhezeiten ein Transport praktisch ohne zeitliche Begrenzung erfolgen kann.
Positiv betont werden kann aber eine Nichtregierungsorganisation, die ich durch die Bachelorarbeit erst kennengelernt habe. Die NGO Animals Angels setzt ihren Schwerpunkt komplett auf Tiertransporte. Sie führen, falls möglich, eigenständige Kontrolle durch und dokumentieren Missstände und bringen diese zur Anzeige. Bei Bedarf schult Animals Angels die Polizei oder andere Behörden. Dieses Konzept läuft zur Zeit in mehreren Ländern auf der ganzen Welt und stellt einen guten Schritt in die richtige Richtung dar, ersetzt aber keinesfalls häufigere ganzheitliche Kontrollen und strengere gesetzliche Regelungen.
Die oben genannten Vorschriften resultieren ursprünglich aus dem Grundgedanken, das „Tierwohl“ durch bestimmte Festlegungen zu verbessern.
Die Vorgaben sind jedoch nur darauf ausgelegt, die Tiere möglichst lebend am Zielort anzubringen, um sie dort dann schließlich zu töten oder auszubeuten.
Ein gewisser „Verlust“ durch die Transporte wird dabei von den Unternehmen hingenommen. Deutlich wird das, weil die Unternehmen Mortalitätsraten bei Geflügeltieren und Schweinen im unteren zweistelligen Bereich bereits vorher einkalkulieren.
Doch was kannst du tun? Auch wenn die meisten Verstöße „nur“ Ordnungswidrigkeiten sind, die nach pflichtgemäßen Ermessen verfolgt werden können, solltet ihr immer, wenn ihr einen Tiertransporter entdeckt, der augenscheinlich starke Unregelmäßigkeiten aufweist, die Polizei oder, zu Öffnungszeiten, das zuständige Veterinäramt kontaktieren. Um dieses System gar nicht erst zu unterstützen, solltest du vegan leben.
Bock mitzumachen?
Du möchtest selbst an einer Aktion des Animal Save Movement teilnehmen um auf die Zustände in Tiertransportern aufzuklären und dir ein eigenes Bild vom Zustand der Tiere zu verschaffen? Per Suchmaschine findest du mit den Begriffen „Animal Save Movement“ + deinem Wohnort (falls ländlich: größere Stadt in der Nähe) sicherlich ein passendes Chapter.
Aus eigener Erfahrung empfehlen kann ich dir die Animal Save Movement Chapter Leipzig / Halle, Chemnitz und Dresden. Hier kannst du mich, Kai und viele weitere nette Aktivist*innen regelmäßig treffen!
Auch wenn du nicht teilnehmen kannst freuen sich die Orgas über ein Facebook-Like, um die eigene Reichweite zu erhöhen. Tausend Dank!